Rosa Winkel - Die Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus
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Helmuth Brückner

Gauleiter der NSDAP

Helmuth Brückner wird am 7.5.1896 in Peilau geboren. Studium der Geschichte und Volkswirtschaft, das er infolge seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg unterbricht und später abbricht. Brückner zählt zu den frühen NSDAP-Mitgliedern und fungiert seit 1925 als Gauleiter Schlesiens. Seit 1930 Reichstagsabgeordneter, seit 1932 Mitglied des Preußischen Landtags, wird Brückner 1933 überdies zum Oberpräsidenten der Provinz Niederschlesien ernannt.

Im Zuge der im Herbst 1934 einsetzenden Homosexuellenverfolgung wird Brückner am 3. Dezember gemeinsam mit einigen Männern aus seinem Umfeld verhaftet. Unter ihnen ist auch der Heiler und Seher Carl Welkisch, dessen „Lehre über die Homosexualität“ für den verheirateten Gauleiter große Relevanz hat. Brückners Vernehmung durch Himmler dreht sich nicht zuletzt um diese Lehre, die der Reichsführer SS für „gefährlich“ hält. Am 19.1.1935 erklärt Himmler vor schlesischen SS-Führern, Brückners „unglückliche Veranlagung“, die „ein Böses nach dem anderen nachzog“, habe dazu geführt, dass er „aus einem Naturgesetz heraus stürzen musste“.

Die Gestapo übergibt den „Komplex Brückner“ Anfang Juli 1935 „dem zuständigen Gericht zur Strafverfolgung“. Nach Rücksprache mit dem Reichsjustizministerium beschließt der Breslauer Generalstaatsanwalt Mitte Juli, „unter Zugrundelegung der neuen Rechtsauffassung zu § 175“ Anklage zu erheben – Brückner kann nur die zuvor straffreie wechselseitige Onanie nachgewiesen werden.

Helmuth Brückner
Helmuth Brückner im Jahr 1934
Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 183-2008-0617-500
Fotograf: unbekannt

Am 6. September wird Brückner verhaftet, Ende Oktober kommt es zur ersten Verurteilung. Im Berufungsverfahren wird Brückner schließlich zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Verbüßung der ersten Strafhälfte begnadigt ihn Hitler im Mai 1936. Brückners Gesuch um Wiederaufnahme in die Partei wird dagegen abgelehnt.

Brückner wird aus Schlesien verbannt und geht mit seiner Familie nach Rostock, wo er als Industriearbeiter bei den Ernst Heinkel Flugzeugwerken tätig ist. Im Juli 1945 wird er von der Sowjetischen Militäradministration verhaftet. Er stirbt am 2.1.1951 im Gulag Tazachet.

Literaturtipps:

Alexander Zinn: Die soziale Konstruktion des homosexuellen Nationalsozialisten. Zu Genese und Etablierung eines Stereotyps. Frankfurt am Main 1997: Peter Lang.

Alexander Zinn: »Aus dem Volkskörper entfernt«? Homosexuelle Männer im Nationalsozialismus.
Frankfurt am Main 2018: Campus. Link zum Buchtipp

Alexander Zinn: Schwule Nazis. Homosexuelle in Presse und Propaganda der Linken.

© Alexander Zinn 2017